31.07.2021

Jeder Teil dieser Erde

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Kirche in WDR2 | Gerhardt

„Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig.“ Das ist das Wort eines Indianers, dem Häuptling Seattle aus Nordamerika: Und sein Text hat es bis in unser evangelisches Gesangbuch geschafft. Häuptling Seattle hat dieses Wort so oder ähnlich bei einer Rede vor einem weißen Gouverneur gesprochen und es ging ihm um die Ehrfurcht vor dem Land und vor allem vor den Totenstätten seines Volkes. 1854 war das.

Ich finde es gut, dass dieses Indianerwort in meinem Gesangbuch steht. Übrigens dank eines katholischen Kollegen Stefan Vesper, der daraus einen sehr stimmigen Kanon gemacht hat.

„Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig.“ Doch wie heilig gehen wir mit unserer Erde um? Die Worte des Häuptlings klingen gut 150 Jahre später aktueller denn je. Es geht inzwischen nicht nur um die Ehrfurcht und Bewahrung von Totenstätten, nein, es geht um die Bewahrung der Schöpfung insgesamt.

„Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig“ – wer so denkt, spricht und handelt, geht anders um mit der Natur. Er beutet sie nicht aus. Er verbraucht nur das, was er wirklich selbst zum Leben braucht. Und schaut, dass das, was er verbraucht, auch wieder nachwächst. Wir können da viel lernen von den sogenannten Naturvölkern, den Indianern in Nordamerika, im Amazonas, den Inuits in Grönland. Auch von ihrer Spiritualität.

Sicher, man kann für den Umwelt- und Klimaschutz auch eintreten, ohne religiös zu sein. Aber ich glaube, dass der Glaube diesem Menschheitsprojekt noch einmal besondere Tiefe, einen besonderen Zugang gibt.

Denn der Glaube sagt: Wir Menschen sind nicht die Schöpfer aller Dinge. Es gibt Gott, es gibt „gute Mächte“ hinter dem, was ich sehen und begreifen kann. Und ich sollte meine eigene Rolle dankbarer und demütiger verstehen. Der „Schöpfungsauftrag“ in der Bibel an den Menschen wird auf Deutsch übersetzt: „Mache dir die Erde untertan“. Missverständlich. Das bedeutet nämlich gerade nicht ausbeuten oder ausschlachten, sondern: Ich gehe ganz ein in die Schöpfung, ich verstehe mich als Teil des Ganzen und trage besondere Verantwortung.

Die Ehrfurcht vor der Natur, auch als Schöpfung Gottes, macht mich achtsamer im Umgang mit der Schöpfung und gibt mir Kraft, mich für den Schutz zu engagieren. So wie der Indianerhäuptling, der mutig vor die weißen Soldaten tritt und für die Landrechte seines Volkes und seiner Ahnen eintritt.

„Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig.“ Ich glaube, dass alle Religionen der Welt in diese Worte gut einstimmen können. Entscheidend aber ist: Handeln wir auch so!

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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