Präses Latzel zum Reformationstag: Wir sind keine „bessere Kirche“
Düsseldorf. „Am Reformationstag geht es zur Sache. Zur Sache des Glaubens“, beschreibt Präses Dr. Thorsten Latzel, warum er den heutigen evangelischen Gedenktag liebt. Es gehe an diesem Tag „darum, worauf es eigentlich ankommt – im Leben und darüber hinaus.“ In seiner Predigt am Abend in der Düsseldorfer Johanneskirche sagt er laut Manuskript: „Wir sind keine ,bessere Kirche‘, keine ,Gemeinschaft der Reinen‘ und waren dies auch nie. Das ist theologischer Humbug.“ Im Gegenteil hätten ein falsches Harmoniebedürfnis und die Unfähigkeit, mit Schuld umzugehen, dazu geführt, dass sexualisierte Gewalt oft unerkannt geblieben und verschwiegen worden sei.
Auf die Frage, worauf es ankomme, gebe es sehr unterschiedliche Antworten, so Latzel. Den ästhetischen Genussmenschen, den ethisch engagierten Verantwortungsmenschen und den religiösen Menschen nennt er als Beispiele. Luther habe zeitlebens die Frage umgetrieben, wie er vor Gott bestehen könne. „Die befreiende Erkenntnis für Luther aber ist: Ich kann vor Gott gar nicht bestehen. Keiner kann das. Wir sind und bleiben Bettler, die nackt und bloß dastehen.“ Die Pointe sei aber, „dass Gott für uns macht, worauf es ankommt. Auch wenn wir nackt und bloß sind, lässt Gott uns gut dastehen. Gott hüllt uns in das Kleid seiner Liebe und Gerechtigkeit. Gerechtigkeit meint hier eben nichts, was wir aktiv leisten können. Sondern es ist etwas, was Gott an uns tut.“
Worauf es ankommt, können wir uns nur schenken lassen
So bekomme die Erkenntnis von der „Rechtfertigung allein aus Glauben“ eine ganz neue Aktualität, sagt der Präses. „Letztlich stehen wir alle nackt da. Egal, ob Anwältin, Bankmanager, Politikerin oder Pfarrer. Worauf es ankommt – im Leben und darüber hinaus, können wir uns nur schenken lassen. Dieser Glaube kann uns frei machen, dass wir mit der Blöße und Nacktheit anderer anders umgehen. Mit der Blöße derjenigen, die tatsächlich lange keinen neuen Pulli mehr angehabt haben. Die am Bahnhof Flaschen sammeln und vor dem Supermarkt Straßenzeitungen verkaufen. Wenn wir stehen bleiben, nicht wegschauen, diesen Menschen wahrnehmen, respektvoll mit ihm umgehen, nachfragen, nicht urteilen, sondern einfach etwas von unserem Geld teilen.“
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