„Sozialstaat in Gefahr“: Großdemo gegen NRW-Kürzungspläne
In Düsseldorf haben rund 32.000 Menschen friedlich gegen Kürzungspläne der nordrhein-westfälischen Landesregierung im Sozialbereich demonstriert. Zu der Kundgebung am Mittwoch auf den Oberkasseler Rheinwiesen unter dem Motto „NRW bleib Sozial“ hatte die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in NRW aufgerufen. Damit wollten die zahlreichen Trägerinnen und Träger verschiedener sozialer Angebote ein Zeichen setzen gegen die im Haushaltsentwurf der NRW-Landesregierung vorgesehenen Einsparungen von insgesamt rund 83 Millionen Euro. Sie betreffen etwa Angebote der Familienhilfe und Kindertagesstätten, Beratungsstellen und Integrationsprogramme.
Auf der Redner-Bühne kamen neben Vertreter*innen der Landesregierung auch Vertreter*innen von Parteien, Gewerkschaften, Expert*innen der freien Träger*innen sowie Praktiker*innen aus der Kinder- und Familienberatung, der Integrations- und Flüchtlingsberatung und der Wohnungslosenhilfe zu Wort.
Kirsten Schwenke: Kürzungspläne zurücknehmen
Kirsten Schwenke vom Vorstand der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) forderte von der schwarz-grünen Landesregierung, sie solle „die Kürzungspläne zurücknehmen.“ Sie warnte zugleich vor den Folgen der Millionenkürzungen. „Dringend nötige Unterstützungsangebote werden nicht mehr da sein, Belastungen für die Mitarbeiter in vielen Sozialeinrichtungen werden zunehmen und der Sozialstaat wird gefährdet“, sagte Schwenke. „Soziale Programme sind das Rückgrat in schweren Zeiten.“
Grünen-Ministerin Josefine Paul, in der schwarz-grünen Koalition zuständig für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, versicherte, dass die Landesregierung darum „kämpfe, die soziale Infrastruktur in NRW zu erhalten.“ Sie versprach zudem, bei der Asylberatung für Jugendliche und minderjährige unbegleitete Jugendliche finanzielle Verbesserungen bei der finanziellen Förderung vorzunehmen.
Viele geplante Kürzungen werden nicht korrigiert
NRW-Gesundheits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU), der unter Pfiffen der Demonstranten das Podium betrat, verwies darauf, dass die Schwerpunkte der Landesregierung im kommenden Jahr auf die Bereiche Schulen, Kita und sozialen Wohnungsbau gelegt würden. In diesen Bereichen werde die Landesregierung finanziell aufstocken. Viele der geplanten Kürzungen im Sozialbereich würden aber nicht mehr korrigiert werden können, räumte der Minister ein. Es müsse ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden. Die Bereiche Integration in den Arbeitsmarkt, Bekämpfung der Obdachlosigkeit und Gesundheit würden allerdings keine Kürzungen erfahren, betonte der Sozialminister. Laumann würdigte die Demonstration und die starke Teilnehmerzahl als deutliches Zeichen dafür, dass die Kürzungen im Sozialbereich nicht klaglos hingenommen würden.
Armut im Land wächst weiter
Die Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Anja Weber sagte, dass die Armut im Land weiterwachse. „Eine solche soziale Spaltung dürfen wir nicht größer werden lassen“, mahnte sie. Die Menschen müssten das Gefühl haben, dass die Politik für sie da sei. Weber forderte eine Korrektur der geplanten Kürzungen. „Das darf nicht so bleiben.“ Die Landtagsabgeordnete Verena Schäffer (Grüne) sprach sich dafür aus, Änderungen bei der bestehenden Schuldenbremse des Landes vorzunehmen. Notwendige soziale Förderungen müssten bestehen bleiben können, weil sie Auswirkungen auf das soziale Zusammenleben in der Zukunft hätten. Schäffer würdigte die Leistungen der sozialen Infrastruktur.
Wohlfahrtspflege bekommt immer noch größte Einzelförderung
Sozialminister Laumann hatte am Morgen in einem Interview mit dem WDR darauf verwiesen, dass allein sein Ressort Kürzungen von rund 30 Millionen Euro plane. Mit Blick auf die Demografie und die zunehmende Zahl älterer Menschen brauche es Wirtschaftswachstum, um die bisher gewohnten Ausgaben finanzieren zu können. Die Wohlfahrtspflege bekomme auch im Jahr 2025 die größte Einzelförderung in seinem Haushalt von rund 32,8 Millionen Euro. Vorher seien es 34,4 Millionen Euro gewesen. Es stehe weniger Geld zur Verfügung, aber nach wie vor fließe „richtigerweise sehr viel Geld in diese Bereiche“.
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