Superintendent Dietmar Pistorius: „Evangelische Kirche bleibt nah bei den Menschen"

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Mit großer Einmütigkeit haben im Evangelischen Kirchenkreis Bonn die Kirchengemeinden und übergemeindlichen Arbeitsgebiete beschlossen, die Verteilung der weniger werdenden Pfarstellen bis 2030 bewusst gemeinsamund  mit großer Offenheit zu gestalten. Das „Kooperative Modell" einer Steuerungsgruppe um Superintendent Dietmar Pistorius fand deutlich die Mehrheit auf der Bonner Kreissynode am Samstag.

Bis 2030 werden sich laut landeskirchlichen Vorgaben die Pfarrstellen im Kirchenkreis Bonn nahezu um die Hälfe auf 14,5 feste Stellen reduzieren. Grundlage für diese tiefgreifende Vorgabe sind der prognostizierte Rückgang von Kirchengliedern, Finanzen und vor allem auch jungen Pfarrerinnen und Pfarrern. Die Kreissynode hat nun für Bonn, Alfter und Bornheim einen Prozess in Gang gesetzt, der bis zur Herbstssynode 2022 einen maximal "partizipativen Weg" vorsieht, an dem sich alle Gemeinden und kreiskirchlichen Arbeitsgebiete weiterhin intensiv beteiligen werden. Dabei sollen vor allem auch sinnvolle und tragfähige Kooperationsräume" zwischen den Gemeinden aufgezeigt werden. 

Das wichtigtse Ziel ist es, dass wir nah bei den Menschen bleiben", betonte Superintendent Dietmar Pistorius immer wieder. Es gehe nicht darum, Gemeinden aufzulösen, sondern um kreative Lösungen, die über den eigenen Kirchturm hinausdenken und Ideen haben, wie unsere Kirche in die Gesellschaft ausstrahlt".

Trotz digitaler Tagung entwickelte sich eine sehr ernsthafte Debatte um ein modernes und attraktives Pfarrbild und die Zukunft von evangelischer Kirche in Bonn und der Region. Pfarrer Rüdiger Petrat von der Kreuzkirche, der evangelischen Stadtkirche im Bonner Zentrum, erinnerte daran wie sehr intakte Ortsgemeinden die Stärke unserer Kirche ausmachen". Die junge Pfarrerin Ebba-Christina Kompa, derzeit an der Trinitatiskirche in Endenich, sprach für ihre Generation den Wunsch nach Kirchengemeinden aus, "die ihre Zukunft aktiv planen statt nur die Veränderungen abwartend hinzunehmen". 

Artikelbild Nachdenklich zuhören: der Bonner Superintendent Dietmar Pistorius auf seiner dritten Synode im Bildschirm-Format (Foto: J. Gerhardt)

Bonns OB Katja Dörner dankt für Solidarität mit der jüdischen Gemeinde 

Zum Auftakt der Tagung des Kirchenparlaments hatte Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörrner den 84 gewählten Vertreterinnen und Vertretern aus den zwölf Kirchengemeinden in Bonn, Bornheim und Alfter in einem sehr persönlichen Grußwort Mut gemacht, indem sie den evangelischen Theologen Dietrich Bornhoeffer zitierte: „Kirche ist erst Kirche, wenn sie Kirche für andere ist." Die Bonner OB dankte für die starke Solidarität der evangelischen Kirche mit der jüdischen Gemeinde in Bonn" sowie für den „so verantwortungsvollen Umgang" der Kirchengemeinden bei Gestaltung ihrer Gottesdienste in der Pandemiezeit.

Appell für mehr Impfgerechtigkeit weltweit"

Apropos „Kirche für andere": Die Bonner Kreissynode schließt sich einer Kampagne von Brot für die Welt und weiteren kirchlichen Verbänden an, die eine höhere Produktion und weltweit gerechtere Verteilung von Corona-Impfstoff fordern und dafür auch den Patentschutz auszusetzen wollen. Uwe Günther vom Ausschuss Weltweite Ökumene, der die Bonner Partnerschaft mit dem Kirchenkreis Kusini in Tansania pllegt, appellierte an die globale Verantwortung und für mehr Impfgerechtigkeit". Der Beschluss der Kreissynode sei nur ein Apell, aber er präge auch das Bewusstsein für eine gerechtere Verteilung in Deutschland, gerade auch im Blick auf jüngere Menschen", ergänzte Pfarrer Martin Engels, Leiter des Evangelischen Forum Bonn. Die Superintendentin des Nachbarkirchenkreises An Sieg und Rhein, Pfarrerin Almut van Niekerk, hatte in ihrem Grußwort schon deutlich gemacht: Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung sind gerade brandaktuell!"

Sicherung der Krankenhausseelsorge: große Herausforderung in Bonn

Die Kreissynode beschloss zudem die Wiederbesetzung einer festen Pfarrstelle in der Krankenhausseelssorge in Bonn im kommenden Jahr als besonders dringlich und will zudem mit der Landeskirche verhandeln, die Stellen der Seelsorgerinnen und Seelsorger an den Universitätskliniken aus dem Pfarrstellenrahmenkonzept 2030" herauszunehmen. Sie seien für die Kirchenkreise an den Standorten von Universitätskliniken eine besondere Herausforderung, erläuterte Klinikpfarrer Andreas Bieneck. Die Arbeit in diesen Kliniken sei weit über das Gebiet eines Kirchenkreises hinaus ausgerichtet und müsse daher landeskirchlich anders bewertet und gesichert werden. Volle Zustimmung der Synode.

Neue Visitationsordnung für den Kirchenkreis

Ebenfalls ohne Gegenstimme beschloss die Synode eine neue Visitationsordnung, eingebracht von und erabeitet unter Federführung von Pfarrerin Dr. Wibke Janssen. Der regelmäßige Besuch von Kirchenkreis-Vertretern in Gemeinden und kirchlichen Arbeitsfeldern soll passend zum Pfarrstellenrahmenkonzept auch noch einmal die Vernetzung und das Zusammenwirken im Kirchenkreis stärken, und das im gut presbyterial-.synodalen Geist, so Pfarrerin Wibke Janssen, die auch Vorsitzende des Theologischen Ausschusses des rheinischen Landeskirche ist.

Arbeit an Schutzkonzepten geht voran

Mit großem Interesse nahm die Bonner Synode den aktuellen Stand bei der Erarbeitung der Schutzkonzepte gegen sexuellen Mißbrauch zur Kenntnis. Aus elf der zwölf Gemeinden liegen die Konzepte bereits vor. Bis Ende 2021 soll dieser Prozess im Kirchenkreis abgeschlossen sein, erklärten Susanne Eichhorn und Carsten Schneider vom Kreissynodalvorstand. Das Konzept ist Ausdruck unserer klaren Haltung zu diesem Thema", betonten beide.  Als sehr hilfreich erweise sich dabei die Vorlage Acht geben Wegweiser zum Schutzkonzept" des Evangelischen Jugendwerks Sieg - Rhein - Bonn.

Perspektive für ehemaligen Flüchtling aus dem Iran im Kirchenpavillon – Erfolgreiche Spendenaktion

Der Kirchenkreis Bonn bestätigte außerdem die Neuordnung seiner Fachausschüsse mit vielen Neubesetzungen durch engagierte Persönlichkeiten aus dem kirchlichen wie öffentlichen Leben. Danke allen, betonte Superintendent Pistorius, die sich hier einbringen. Ein Zukunftsperspektive gab das Kirchenparlament ganz konkret: Ein iranischer Flüchtling erhält nach seiner Ausbildung im Kirchenpavillon, dem evangelischen Kirchencafé am Kaiserplatz, nun dort eine feste Anstellung und damit eine Lebensperspektive. Die Stelle für den allseits so beliebten und versierten Mitarbeiter ist für die ersten beiden Jahre schon finanziell gesichert. Eine Spendenaufruf des Kirchenkreises erbrachte einrucksvolle 58.180 Euro!

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