18.10.2021

Kain Time

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Kirche in WDR2 | Schnitzius

Er erschlägt ihn. Der erste Mord, von dem die Bibel erzählt.

Der ältere Bruder erschlägt den jüngeren. Kain erschlägt Abel.

Aus Neid. Aus Eifersucht. Weil Gott sein Opfer nicht ansieht. Wie die Bibel sagt.

Was das heißt?

Was Kain, der Ältere zugeben hat, wird von Gott offensichtlich nicht wahrgenommen und wertgeschätzt.

Das, was der Jüngere, Abel zu geben hat allerdings schon.

Klar ist: Hier geht es nicht um Notwehr. Keine Tat aus dem Affekt.

Kain hat die Sache geplant.

Was Sie nicht vermuten werden:

Dies hier ist ein Werbeblock für Kain.

Weil: der Schlaumeierspruch: Das hätte er doch seinem Bruder gönnen können –schließlich entscheidet Gott in seiner Weisheit, wen er wahrnimmt und wen nicht. Der – überzeugt mich nicht. Stimmt natürlich irgendwie, nur: hätte, hätte, Fahrradkette. Hätte und hat er eben nicht. Kain konnte Abel eben nicht gönnen, dass Abel dran ist bei Gott und nicht er.

So ist es eben manchmal. Das Leben. So sind sie eben manchmal. Die Menschen. Du. Ich.

Also: wie immer - hinterher ist man schlauer und würde es vielleicht anders machen. Nur hinterher ist eben hinterher und damit vorbei. Der Bruder ist tot.

Erschlagen. Aus Neid und Zorn, Rache und Nicht gesehen werden.

Die Bibel erzählt also mitten aus dem richtigen Leben.

Am Ende erwartet den Mörder Kain zwar die Vertreibung, aber er bekommt von Gott ein Schutzzeichen. Damit ihn, den Brudermörder niemand tötet. Gott hat es schließlich auch nicht getan. Und – Kain findet eine Frau, bekommt einen Sohn und wird Stammesvater.

Nochmal: Werbeblock für Kain, natürlich nicht für das Morden. Das Kain mordet ist vielleicht nachvollziehbar, aber natürlich nicht zu rechtfertigen.

Nur: Im Grunde liegt die Sache doch ursächlich wesentlich bei Gott. Oder?

Ich meine: Hätte Gott Kain genauso wahrgenommen, wie Abel, den einen Bruder, genauso wertgeschätzt, wie den anderen – in Kain wäre diese tödliche Eifersucht nicht entbrannt.

Muss etwas mit Freiheit zu tun haben, das Ganze.

Klar: Die Erzählung beschreibt nicht, wie es idealtypisch sein sollte, sondern ziemlich genau, wie es ist.

Und da ist es, wie fast immer: Schuld verteilen bringt nichts.

Beziehungen erzählen schon.

Und in Beziehung bleiben auch.

Neuanfangen. Wo anders. Mit anderen Menschen. Als der, der ich war und bin.

Ich verstehe nicht, wieso Gott tut, was er tut.

Vielleicht ist das auch nicht wichtig.

Für meinen Kain ist wichtig, dass er wahrgenommen bleibt.

Das er gesehen bleibt.

Mag sein, ich erlebe Gottes Augen geschlossen.

Und möchte deswegen zuschlagen.

Kain Time sozusagen.

Geht ja auch ne Nummer kleiner. Unauffälliger. Alltäglicher.

Jesus Christus, erbarme Dich meiner.

Dieses alte Gebet hilft mir.

Zu vertrauen. Weil nichts so bleibt.

Ein Neuanfang bei und mit Gott ist immer möglich.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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